Hillmann über Hillmann

AutorIn
Hans Hillmann
Erscheinungsjahr
1972
Quelle
Hillebrand, Henri (Hg.): »Graphic Designers in Europe: Giovanni Pintori. Edward Bawden. Hans Hillmann. Herbert Leupin«, Universe Books 1972

Wenn man von mir verlangt, über mich selbst als Graphiker zu schreiben, komme ich in Versuchung, mich selbst auf zwei Worte zu beschränken: nur Arbeit. Und während ich dieses schreibe, sehe ich diese zwei Worte vor mir auf dieser Seite, annähernd 80 Millimeter hoch in einem kühnen Fettdruck. Oder sollte es besser sehr klein sein, mit sehr viel Weiß dazwischen, mit einer dünnen Linie umrissen, wie eine Zeichnung? Oder sollte es handgeschrieben oder projiziert werden über ein eigenes Bild und photographiert? In diesem Fall würde ich es zweimal strecken, und ich nicht dabei stehen, sondern liegen, vielleicht im Bett. Nur Arbeit. Jetzt arbeite ich und stell‘ mir vor, daß die verschiedenen Möglichkeiten inzwischen ausgeführt und gedruckt worden sind; ich versuche herauszufinden, wie sie darauf reagieren; zu welcher Lesergruppe Sie gehören könnten? Was werden die Leser erwarten? Unter welchen Umständen wird meine Arbeit betrachtet, und wie wird Sie der Unterschied zwischen meinen Artikel und denen meiner Kollegen beeinflussen?

Ich spreche gern über meine Arbeit, oder um genauer zu sein, über den Arbeitsprozess, von dem ich glaube, daß er wesentlich befriedigender ist als die fertige Arbeit, vielleicht weil alles noch unbestimmt ist, und man das Glück hat, noch Überraschungen zu erleben. Es gibt ein Sprichwort: Je mehr man über jemanden weiß, umso schwieriger wird es, ihn zu überraschen. Wenn das auf einen selbst zutrifft, dann kann ich nur hoffen, daß in meinem Verhältnis zu mir selbst eine gewisse Distanz erhalten bleibt.

Mein Beitrag zu diesem Buch besteht zum größten Teil aus Filmplakaten. Und es könnte vielleicht von Nutzen sein, etwas über die Fakten, welche meine Arbeit bestimmen zu sagen, die nicht unmittelbar aus den hier reproduzierten Bilder deutlich werden. Die Filme: Die Filme, für die ich Plakate entworfen habe (bis jetzt über 150) reichen von frühen Stummfilm-Komödien bis zu den neuesten Produktionen von Godard oder Truffaut. Die Liste umfasst die meisten der wichtigen Regisseure von allen filmproduzierenden Ländern. Die Filme gehören zu Kunstfilmkategorien, von denen viele in der Originalfassung gezeigt werden, aber, vom kommerziellen Standpunkt aus, nicht groß sind.

Das Publikum:
Ein kleiner Teil des Kinopublikums; Leute, die nicht regelmäßig ins Kino gehen, sondern einen bestimmten Film sehen möchten.

Der Kunde:
Ein ehemaliger Filmklubgründer, der damit anfing, Filme zu zeigen, die er selber mochte und dann bemerkte, daß es eine Marktlücke gab, die er vielleicht ausfüllen könnte.

Die Werbung:
Plakate, die Filme ankündigen und manchmal auf Lichtsäulen gezeigt werden, aber immer draußen vor den Film-Theatern ausgehängt sind; Prospekte, einzelne Blätter, Kataloge, Programme.

Mein Atelier:
Ein großer und ein kleiner Raum. Eine Dunkelkammer, um einen Teil meiner photographischen Arbeit auszuführen. Am meisten arbeite ich allein dort. Von Zeit zu Zeit hilft mir jemand für ein paar Wochen.

Was die Illustrationen betrifft, welche hier gezeigt werden, so sind sie für verschiedene Verlage angefertigt worden, die meisten für Kurzgeschichten. Nummer 4 auf der Liste («Ich träumte ich wäre ein Hund der träumte») ist eine der Fortsetzungsgeschichten ohne Worte, welche dieses Jahr in einem Buch herausgegeben werden, meinem ersten.