Über twen und Willy Fleckhaus

AutorIn
Hans Hillmann
Erscheinungsjahr
1997
Quelle
Koetzle, Michael; Wolff, Carsten M.: »Fleckhaus - Deutschlands erster Art Director«, Klinhardt & Biermann, München/Berlin 1997

Willy Fleckhaus traf ich erstmals, als er mich bat, Texte für »twen« zu illustrieren. Heute ist schwer vorstellbar, wie neu diese Zeitschrift auf uns wirkte, in welchem Ausmaß sie sich von anderen Publikationen unterschied. Eines der auffallendsten Mittel, deren Fleckhaus sich beim Layout bediente, war die bewußte Zuspitzung der Größenunterschiede von Bild- oder Schriftelementen. Mir ist eine Doppelseite in Erinnerung, auf der er einen Titel – das Wort EHE – über die gesamte Breite zog, so daß man unwillkürlich das Blatt von sich weg hielt, um die Schrift lesen zu können. Ähnlich verfuhr er mit Illustrationen, was damals gut zu meinem eigenen Konzept paßte: Hatte ich doch vor dieser Zeit fast ausschließlich Plakate entworfen und legte gern meine Zeichnungen in großen, schwarzen Flächen an. Gelegentlich vergrößerte er auch solche Zeichnungen, die eher das Gegenteil von plakativ waren, auf das ganze Format und erreichte eine andere, ebenso überraschende Wirkung: Nach einer Folge dicht gefüllter Zeitschriften-Seiten erblickte man ein nahezu leeres Blatt, auf dem eine dünne Linie eine Figuration umschrieb, kontrastiert mit einem relativ klein gesetzten, dafür aber für jene Zeit recht frechen Titel: »Meditation über Unzucht mit Abhängigen«. Häufig war seine Typografie so integriert, dass sie wie ein Teil der gezeichneten Form wirkte, diese ergänzte oder fortsetzte. Wenn ich diese Arbeiten später zeigte, habe ich daher meist der Reproduktion des Originals die der komplett gestalteten Seite vorgezogen.